Project RAWbit beginnt bereits im August 2018 mit meiner Geburtstagsfeier zum 50er wo Freunde und Arbeitskollegen bei uns zu Hause zum Grillen eingeladen sind und wo meine Frau und Crewchief Beatrix alles im Motto "Race across the West" arrangiert hat. Zu dem Zeitpunkt ist die Anmeldung schon erledigt , Flüge sind gebucht und das Team steht auch. Elke und Philipp komplettieren das Team das im Juni das Ziel in Durango anpeilen wird.

 Die Vorbereitung läuft angemessen der zur Verfügung stehend Zeit gut - es kann immer mehr und besser sein aber ich habe gelernt  zu akzeptieren und mir keinen Stress zu machen - ist ja "nur "ein Abenteuer von einem Hobbyradfahrer. In der kalten Zeit der Vorbereitung bleib ich von Erkrankungen verschönt und ab Mitte Februar kann schon draußen ordentlich trainiert werden.

Von Jänner  bis Mai verbringe ich beruflich viel Zeit in Italien und als  abschließender Test für Project RAWbit steht dann ein"unsupported " Trip von Padua nach St.Josef in der Weststeiermark an - bis auf kleinere technische Probleme die mich dann in der Auffahrt auf die Soboth stoppen lassen, verläuft alles sehr gut.

So geht es dann 10 Tage vor dem Rennen gemeinsam mit Beatrix  los in die USA - zur Vorbereitung und Gewöhnung nach Borrego Springs, wo ein großer Teil der Europäer die Vorbereitungszeit verbringen.

 

Noch 1 Woche bis zum Start

Borrego liegt am Beginn der Wüste die es beim RAW zu durchqueren gilt - aus Erfahrungsberichten weiss ich das es hier schon mal sehr heiss werden kann (45 - 50 Grad Celsius) - die ersten Fahrten in ständiger Begleitung unseres zukünftigen Pacecars sind heiss aber noch leicht erträglich - rund um die 35-39 Grad sind zwar gewöhnungsbedürftig (deshalb sind wir ja da) aber stellen kein Problem dar - solange man genug zu trinken hat. Zwei Falschen mit je 750ml sind spätestens nach 2 Stunden leer und dann  wird es schnell eng. Der berühmte Glaselevator wird natürlich auch befahren - wird doch oft vor der Abfahrt in die Wüste gewarnt da starke Seitenwinde ausgelöst durch die Thermik gefährlich werden können. Gegen Ende der Woche ziehen die Temperaturen ein bisschen an und und es wird das erste mal richtig heiss mit über 42Grad Celsius. Während der täglich zwei Ausfahrten kommen keine Probleme auf und die Hitze macht mir weiters keine außergewöhnlichen Probleme -  42° Grad sind mal heiss aber muss man nehmen wie es ist. Man kann dagegen nicht ankämpfen nur die Situation akzeptieren wie sie ist - das stellte sich als erfolgreiche Strategie für das RAW heraus.

 

4 Tage bis zum Start

Wir verlassen das lieb gewonnen Borrego Springs und die Stille der Wüste und fahren zurück nach LA um Elke und Philipp abzuholen - das Dream Team ist komplett. Noch am selben Tag beziehen wir unsere Quartier in Oceanside - direkt am Strand des Pazifik. Letzte Vorbereitungen werden getroffen und auch die technische Inspektion werden problemlos absolviert. Noch schnell zum Fahrerbriefing mit all den Legenden rund um das RAAM und RAW und alles ist fertig angerichtet für das Abenteuer.

Am Tag vor dem Start fahre ich noch den ersten Teil der originalen Rennstrecke und kaum auf dem Rad gesessen sticht mich ein Insekt ( Biene ?) am Kopf.

Als ich die Crew treffe ist die Schwellung bereits vorangeschritten und Erinnerungen von einem Bienenstich kommen auf - das letzte mal ist mein Auge zugeschwollen und ich konnte tagelang nicht Rad fahren. Kurzentschlossen suchen wir einen Arzt eines österreichischen Teams auf der mich für diesen Fall mit Medikamenten versorg - und das Problem ist damit auch schon wieder erledigt :-)

 

Start

Ein Traum darf in Erfüllung gehen -  hatte ich doch vor einigen Jahren das RAW als ultimatives Ziel genannt und dachte das es eh nie dazu kommen wird -  so ist es jetzt realer denn je zu vor. Stille kehrt ein -  eine letzte Umarmung und gute Wünsche und dann begeben ich mich zur Startlinie wo der Startsprecher irgendwas von mir erzählt - ich bekomme keinen Tracker ( weil noch nicht angekommen --> let's make Amerika great again - kann aber auch da passieren) und dann kommt schon der Countdown. Endlich kann ich losfahren und verlassen den gut besuchten Strand von Oceanside um auf eine 1500km lange Reise zugehen -  immer gut um- und versorgt von meinem Team.

 

Tag 1

Den ersten Abschnitt bis Borrego kenne ich bereits von einigen Trainingsausfahrten -  ich hatte immer gehofft das dem Veranstalter ein Fehler unterlaufen ist als er für die ersten 140km 2500HM angegeben hat, leider ist dem nicht so. Also fast ein halber Ötztaler Marathon bei rund 40 Grad - nach rund 4 Stunden überholt mich der spätere Gewinner des RAAM und mein Team ist das Erste und Einzige mal ein bisschen abgelenkt da seine Performance schon sehr beeindruckend ist wenn man sie so hautnah erleben darf -  ein Profi eben. Bis kurz vor der Abfahrt in die Wüste bin ich immer wiedermal vor bez. hinter einem US Amerikaner - ich habe das Gefühl er versucht mich loszuwerden was dann auch gelingt. Am Lake Tahoe  sehe ich ihn das letzte mal  -  er kommt schlussendlich 13 Stunden nach uns ins Ziel. Die extreme Hitze schon auf den ersten 100km machen nachdenklich wie das jetzt in der Wüste sein wird. Endlich ist der Anfang der Abfahrt erreicht und es geht mit lockerem Tempo über 17km  und 1200HM nach Borrego Springs runter - in der Abfahrt kann man nichts gewinnen aber alles verlieren. Leider muss ich miterleben wie dieser Satz Wahrheit wird -  im untersten Drittel der Abfahrt liegt ein Radfahrer auf der Fahrbahn und wird ärztlich versorg. Mein Team ist froh mich wieder in Borrego zu empfangen weil sie auch nicht wußten wer gestürzt war -  sie waren vorgefahren um für mich das Zeitfahrrad für die flachen KM bereitzustellen und hatten nur den Rettungseinsatz mitbekommen aber nicht was passiert war.

Bei mir läuft alles gut - ein kurzer Stop und Wechsel auf das Aerorad und schon geht es weiter - bei der kurzen Abfahrt zum Christmas Circle bemerke ich schon das es heisser ist als die Woche davor obwohl es schon 18:30 ist. Ich hab aber gelernt wie es sich anfühlt bei diesen Temperaturen Rad zufahren also wird einfach weitergefahren. Nicht zu viel Druck machen aber die flachen Strecken müssen genutzt werden so geht es in Richtung Brawley da rund 93km entfernt ist. Nach 3 Stunden erreichen wir auch diese Wüstenstadt und es ist dunkel geworden - nur die Temperatur hat sich nicht wesentlich verändert und bleibt bei rund 40 °Grad. Erst später in der Nacht wird es "kühler" und erträglicher. Noch immer läuft alles optimal -  langsam stellt sich Müdigkeit ein. Den Plan die ersten 24 Stunden durchzufahren und vielleicht dann erst in der Hitze des zweiten Tages zu schlafen geht leider nicht auf - ich muss einen Powernap einlegen als wir Blythe erreichen (nach 15 Stunden Fahrzeit).

 

Tag 2

Der Rest der Nacht verläuft auch unaufgeregt- ich bekomme  einmal in der Stunde eine Flasche mit GS Foods Energiedrink und dazu Ensure in allen möglich und unmöglichen Geschmacksrichtungen. Mein Magen hat sich gut darauf eingestellt und freut sich über jede Zuwendung -  die sonst so üblichen kleineren Krämpfe bleiben aus. Die Maschine läuft wie geschmiert und alles freuen sich. Der Sonnenaufgang bring neue Energie und auch die Hitze zurück - mir war schon immer klar das der zweite Tag der schwierige werden wird da die ganze Zeit in brütender Hitze gefahren werden muss. Erstaunlicher Weise hält mein Körper dieser Hitze stand - ich bekomme immer wieder Eiswasser um den Kopf zu kühlen und nicht mehr als eine Flasche GS Foods zum Trinken. Die Strategie bring und erfolgreich durch die sengende Hitze. Ihr übriges tragen noch die Straßen und ihr Zustand bei um diesen Teil noch zusätzlich zu erschweren. Willkommene Abwechslungen sind die Timestations ( meistens eine Shell Tankstelle mit Supermarkt) -  ein kurze Abkühlung in dem klimagekühlten Shop und dann wieder raus in die brütende Hitze. Immer wieder höre ich in meinen Körper aber es bleibt weiter alles ohne Probleme -  eigentlich fast unglaublich was man alles aushalten kann.

Mein Plan war gewesen das wir ungefähr nach 24 Stunden nach Salome kommen sollten und genau das haben wir auch geschafft -  die ersten 550km sind erledigt. Jetzt waren es noch  rund 80km bis  Congress wo es dann über einen Berg wieder aus der Wüste rausgehen sollte. Aber bis dorthin waren es lange 80 km in weit über 40° Grad -  die Durchschnittsgeschwindigkeit fällt das erste mal auf unter 12 miles/hour  aber irgendwann kommen wir auch dort an wo ich fluchtartig in den Supermarkt  verschwinde wo ich einige Minuten Zuflucht suche bevor ich einen weiter Powernap mache. Prächtig erholt und mit der Aussicht das es auf dem vor uns liegenden Berg kühler werden wird schwinge ich mich wieder aus Rad und strample den Berg hoch. Mit jeden gewonnenen Höhenmeter wird die Temperatur angenehmer und erträglicher - nach endlosen Kehren erreichen wir kurz vor der Dämmerung die Anhöhe -  kühle Luft und leicht abfallende Straßen machen wieder richtig Spaß.

 

Tag 3 und die letzten 4 Stunden

Vor uns liegt der Anstieg  und dann die Abfahrt nach Prescott  - kleine Strassen bergauf und noch kleinere Straßen in der Abfahrt, auch das gibt es in den USA.

Prescott bleibt nicht weiter in Erinnerung als mit viel Verkehr des Nächtens  - machmal denke ich wir fahren im Kreis und die ganzen Unterführungen wiederholen sich - wir sind aber am richtigen Weg und deshalb bekomme ich dann auch eine Schlafpause weil mir die Augen drohen zuzufallen.  Danach geht es weiter schlaflos durch die Nacht. Bis Camp Verde  ( wo wir auch den Tracker bekommen haben) bleibt ein Schleier des Vergessens über dem Erlebten - kann aber nicht so dramatisch gewesen sein -  erst in der Früh wartet wieder ein unbeliebtes Teilstück das erst seit ein paar Jahren gefahren wird um dem Verkehr auszuweichen und um nach Flagstaff zu gelangen -  80km weiter als die direkte Strecke aber dafür kaum Verkehr. Was mich hier fast zum Verzweifeln bring sind endlose Höhenmeter und auch recht heftiger Gegenwind -  es scheint einfach nicht aufhören zu wollen. Mitten durch die schönste Wildnis bringt und dieser Teil des RAW bis wir schon am Horizont dicke Rauchschwaden sehen -  ein Waldbrand. Hier werde ich für 20km in Auto gepackt und durch den dicksten Rauch gebracht -  natürlich nutze ich diese kurze Fahrt zum Schlafen. Anschließend geht es dann noch leicht bergab und wieder leicht bergauf  und leicht bergab und wieder leicht bergauf ..... schlussendlich doch bis Flagstaff.

Meine Hochrechnung hatte ergeben das ich hier nach rund 48 Stunden sein wollte wenn alles optimal laufen würde -  geschafft habe ich es in 50 Stunden also noch fast im Plan. Kurzer Stop beim Walmart und dann wieder weiter auf die Landstrasse. Raus aus Flagstaff auf der US89 Richtung Tuba City - mit super Rückenwind und leicht bergab -  anfänglich noch mit großen Spaß an der rasanten Abfahrt weicht die Euphorie bald beklemmender "Angst" - am Pannenstreifen  überseht mit Eisenteilen und Glas einer 4-spurigen Straße wo die Trucks vorbei donnern als ob es kein Morgen gäbe mit weit über 50km/h dahin zufahren macht auf Dauer gar nicht so viel Spaß. Bin dann ehrlich froh von dieser Highspeedlane runterzukommen und in Tuba City anzukommen. Der übliche Stop and der Tanke und ab in die Nacht Richtung Kayenta -  vor diesem Abschnitt sind wir ausdrücklich gewarnt worden da die Navayos hier ihr Reservat haben und die Drogen und Alkoholprobleme sich auch auf den Verkehr auswirken -  zusätzlich sollen auch herumstreunende Hunde Probleme machen - na gute Nacht.

Wir kommen auch hier gut durch diesen Abschnitt wo ich zwischenzeitlich mal kurz ein Tief hatte und herumgebummelt bin aber darauf von meinem Team erfolgreich re-motiviert wurde. in dem Abschnitt den wir in der Nacht gefahren sind hätte ich geschworen das es absolut wüstenartig sein müßte - später hab ich feststellen dürfen das diese Gegend eigentlich sehr schön ist und auch mit Bäumen und Wiesen gesegnet ist - was man alles interpretiert wenn man im Scheinwerfer nur den Straßenrand sieht :-)

Kayenta ist der Eingang zum Monument Valley und dementsprechend auch atemberaubend wenn man in der Dämmerung hier durchfahren darf -  das ich mich  nicht mehr an den epischen Ausblick mit der legendären Gerade wo sogar  Forest Gump seinen Stop eingelegt hatte erinnern kann ist dabei nur eine kleine Anekdote die uns lange in Erinnerung bleiben wird. Sonnenaufgang im Monument Valley - ein Draum. Die letzte Nacht ist überstanden und es geht weiter Richtung Mexikan Hat -  wo etwas sonderbares passiert. An besagter Timestation (=Shell Tanke) habe ich den Eindruck hier schon gewesen zu sein und ich kenne jede Kurve und jeden Stein. Kurz überlege ich ob das womöglich schon so etwas wie ein Rückblick über mein Leben ist das in Kürze enden wird -  vorsichtshalber erzähle ich von meinen Gedanken nichts meinem Team - das würde sie nur verängstigen. Der Eindruck bleibt eine ganze Zeit und die Gegend kommt mir wie mein Wohnzimmer vor - alles alt bekannt. Im nach hinein denke ich das es sich um Auswirkungen des Schlafentzugs gehandelt haben wird, der mir etwas vorgegaukelt hat. Eine der letzten Timestations  Montezume Creek (=Tankstelle) im Nirgendwo wo es dann auf nach Cortez geht - die Gegend wird immer grüner und auch hügeliger - Bäche säumen die Strasse und Gelsen machen das Radln nicht ganz so erbaulich aber das Ziel in Schlagweite kann das auch leicht ignoriert werden. So kämpfe ich mich vorbei an einer RAW Teilnehmerin die anscheinend einen totalen Einbruch erlitten hatte ( sie verliert schlussendlich 13 Stunden auf mich) und komme schlussendlich im Bundesstaat Colorado an - dem letzten auf unserer Reise. Mein Team bietet noch eine Schlafpause an bevor es auf die letzte Etappe nach Durango geht aber ich lehne dankend ab. Ich weiss auch das ich mein Ziel von 3 1/2 Tagen leicht erreichen bzw. unterbieten werden aber ich habe keine Ahnung wo ich im Endergebnis landen werden. Wir hatten ausgemacht das wir darüber nie reden werden um nicht unnötigen Druck aufzubauen - nachdem ich aber kaum Fahrer vor mir hatte bzw. mir nicht aufgefallen ist das ich von vielen überholt worden bin dachte ich schon das ich nicht ganz am Ende des Feldes liegen werde. Die letzten 80km nach Durange sind dann so etwas wie ein Innehalten und  Besinnen auf das was wir erleben durften -  Dankbarkeit dafür gesund und unbeschadet in Ziel zu kommen. Emotionale Momente bei den langen Anstiegen die nicht steil sind aber trotzdem nicht enden wollen bis endlich die letzte Abfahrt ansteht die in Durango endet.  Die Zieleinfahrt  als solches hat auch etwas legendäres an sich - nochmal 120hm in einer kleinen Nebenstraße zu einem Hochschulcampus - völlig leerer Parkplatz wo verloren ein Zielbogen steht den ein RAW Mitarbeiter einsam bewacht und wartet das ein Finsher den Berg hochschnauft. Mission accomplished -  glücklich und müde erreichen wir das Ziel nach 1500km in Durange und mit dem Pacecar bringen wir dann noch den Zielbogen zum Einstürzen -  das kommt sicher auch nicht so oft vor :-)

 

Fazit

Ein perfektes Ultracycling Rennen gibt es nicht - aber das RAW war für uns PERFEKT.

Besser geht es für uns wohl kaum obwohl - es geht immer besser.

Ein super Abenteuer / Radrennen ist Wirklichkeit geworden - das ganze Team  hat ein Ziel verfolgt und alles gegeben hat um dieses zu erreichen.

Ein Erlebnis das wir nicht mehr vergessen werden.

Wir haben den 2.Platz in meiner Altersgruppe und den 3.Platz Overall erreicht.

 

 

Zu Hause wieder angekommen fällt mir ein Satz aus aus einem Film  "It's all about ..." ein : Was ist den das größere Drama ? Wenn man das  Ziel nicht erreicht oder wenn es erreicht wird ? Kurzfristig kommt eine Leere auf -  darf auch sein und es werden wieder neue Abenteuer kommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Das ist #RAWBIT - der Hase für den Hasen ;-)


c h r i s t i a n    b e i c h e l